20 Mai 2009

Ghana, Sudan, Marthashof: etwas wird sichtbar

die AnliegerInitiative Marthashof AIM grüßt ihre Mitstreiterinnen ganz herzlich, die sich gegenwärtig in Ghana und im Sudan aufhalten und im Dialog mit den dort Lebenden das Thema gentrifcation,auch am realen Beispiel der Verbetonierung des ehemaligen Marthashofgeländes in Berlin gewiss nicht aussparen!

nachdem wir durch BIOS und Andrej Holm bereits Gelegenheit hatten mit ukrainischen ArchitekturstudentInnen uns über diese bittere Realität auszutauschen , und auch bereits weltweit zu diesem Thema in Blogs posten, können wir mit Fug und Recht sagen, daß eine Internationalisierung unserer Bemühungen eingesetzt hat, dieses große Thema weltweit bewusst werden zu lassen .

Dass dies in keiner Weise in Form von Lamentieren gehen kann, sondern als Symptomatologie eines weltweiten wirtschaftlich-sozialen Niedergangs, wird uns vor allem in Gesprächen mit Menschen deutlich , die zunächst offenbar ganz andere Probleme haben; so kann, für den, der eine ganzheitlich-nexialistische Betrachtungsweise wagt, wetterleuchten:

hier zu landen der recht bekannte Künstler mit DDR-Mietvertrag, der seit Jahrzehnten eine Wohnung im Oderberger-Dreieck bewohnt und dem nun unter fadenscheinigen Vorwand gekündigt wird, weil der Hauseigentümer, unbedingt auf den Aufwertungszug aufspringen will ; oder der kleine preisgekrönte Bio-Laden in der Oderberger der jetzt schließen muß- bisher liebevoll geführt von einer kurdischen Familie, die jetzt vor einer ungewissen Zukunft steht, weil sie die auf einen Schlag mehr als verdoppelte Miete nicht mehr aufbringen kann, und denen die noch bleiben fehlt nun die Entlastung der kurzen Wege aber auch ein Forum der informellen Kiez-Kommunikation.

Isolierte Mosaiksteine des Gentrifizierungsprozesses und doch steckt das selbe Movens dahinter, das dort im Afrika des 19. Jahrhundert zur rücksichtslosen Ausbeutung eines Kontinents geführt hat:
maßlose GIER , die von bestimmten marktradikalen Kräften , ja geradezu als Heilendes, Rettendes angepriesen wird.
"strengere und effizientere Regulierung" der Weltfinanzmärkte wird nun von den Sonntagsrednern, nicht selten Staatsoberhäupter, gefordert - wie sie das bewerkstellen wollen bleibt im Nebulösen: ein Wirtschaftssystem das über viele Jahrzehnte der Idolatrie eines uferlosen Wachstums gehuldigt hat, soll nun durch Appelle und ein paar Regularien domestiziert werden?
und jene postkolonial traumatisierten Nationen, die ersten Opfer dieser Triebfeder Gier? Der Rat fürs 21. Jahrhundert ist lapidar: macht einfach mit, lasst Euch auch treiben von dieser großen Gier, seid dabei und wenn Ihr es gut macht erfüllt Ihr sogar die Kriterien des Internationalen Währungsfonds !

In diesen zwar nur wenige Flugstunden entfernten aber doch so grundverschieden Welten, dem Kontinent, auf dem trotz aller Folklore, vielfach um das blanke Überleben gekämpft wird, und dem beschaulichen Prenzlauer Berg, wo Kinder liebevoll umsorgt werden, geht es doch um dasselbe: der Zurichtung von Lebensverhältnissen für die Nutzbarmachung durch eine Ökonomie, deren angebliche Alternativlosigkeit tief in uns wie ein Kainsmal eingebrannt ist.

Wir sind froh dass sich die Koinzidenz ergeben hat, dass Adama und Silvia unabhängig von einander nun in Afrika weilen, während hier die Konflikte um Kastanienallee und Marthashof schärfer werden, denn so ergibt sich für uns alle die Gelegenheit ein Stück über den Tellerrand unseres täglichen Kampfes in den Initiativen hinauszublicken, und uns selbst klarer zu machen ,worum es eigentlich bei unserer Bemühung um Vernetzung , dem Bündnis gegen neue Mauern BIN-Berlin geht.
JS